Bundeskartellamt stellt sicher: Hochwertige Sanitärarmaturen im Internet erhältlich
Branche: Sanitärbranche
Aktenzeichen: B5-100/10

Nach einigen Beschwerden von Internethändlern aus der Sanitärbranche hatte das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen den Hersteller von Luxusarmaturen, die Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG eingeleitet. Die Internethändler hatten sich darüber beschwert, dass sie Dornbracht-Produkte gar nicht mehr oder nur noch zu nicht wettbewerbsfähigen Preisen vom Großhandel erhalten könnten.
Als Ursache für die Schlechterbehandlung identifizierte das Bundeskartellamt die Neuregelung der Vertriebsvereinbarungen, die das Unternehmen Dornbracht seit einigen Jahren praktiziert: Dornbracht schließt seit 2008 jährlich eine sogenannte Fachhandelsvereinbarung mit seinen Großhändlern. Diese wurde laut Dornbracht zur Unterstützung des in der Branche üblichen, dreistufigen Vertriebsweges (Hersteller – Großhändler - Sanitärhandwerker) entwickelt. Danach gewährt Dornbracht seinen Vertriebspartnern bei der Erfüllung bestimmter Qualitätskriterien eine besondere Vergütung in Form eines Rabatts auf den Listenpreis. Diese Qualitätskriterien beinhalten u.a. die Gewährleistung einer fachgerechten Montage und Inbetriebnahme von Dornbracht-Produkten und adäquaten After-Sales-Service.
Diese Regelungen machen den Weiterverkauf an bestimmte Abnehmer für Großhändler wirtschaftlich unattraktiv. Denn sie sind durch Kundengruppen wie Baumärkte, reine Internethändler, Discounter oder auch bei der Querbelieferung anderer Großhändlern nahezu nicht zu erfüllen. Der in der Fachhandelsvereinbarung genannte Rabatt wird dann nicht gewährt. Somit wird tatsächlich ein zwingender Anreiz geschaffen, den traditionellen dreistufigen Vertriebsweg zu befolgen und an Fachhandwerker zu liefern.
Die mit der Fachhandelsvereinbarung bezweckte Förderung bestimmter Abnehmer kam besonders deutlich in der 2008 verwendeten Fassung zum Ausdruck, der zufolge der

2
Großhändler 10% seiner Vergütungsanteile an diese weiterzuleiten hatte. In den folgenden Jahren wurde diese Klausel wieder gestrichen.
Auch in der Außendarstellung bekennt sich Dornbracht offen zum stationären Fachhandel und gegen den Internetvertrieb. Der Internetauftritt des Unternehmens, Aussagen in Interviews etc., gerade auch anlässlich der Einführung der Fachhandelsvereinbarung zeigen, dass mit der Vereinbarung durchaus eine Benachteiligung bestimmter Vertriebswege bezweckt war. Wie bereits oben erwähnt, führt Dornbracht in der Presse aus, dass die Fachhandelsvereinbarung zur Unterstützung des dreistufigen Vertriebswegs entwickelt wurde. Bereits vor der Einführung der Fachhandelsvereinbarung ging Dornbracht auf andere Art gegen den Internethandel vor: In einer Pressemitteilung von November 2006 spricht Dornbracht sogar von einer „Offensive gegen die Online-Vermarktung“ seiner Produkte. Damals wurde verschärft gegen die nicht-autorisierte Verwendung von Dornbracht-eigenen Bildmaterialien zu Zwecken des reinen Online-Verkaufs vorgegangen. Noch heute empfiehlt Dornbracht Besuchern ihrer Internetseite, Dornbracht-Produkte ausschließlich über den Fachhandel zu erwerben. Dornbracht rät explizit vom Internetkauf ab und listet aus ihrer Sicht vorliegende mögliche Risiken dieses Vertriebswegs auf.
Eine solche Behinderung des Vertriebs über bestimmte Vertriebskanäle hat einen Verlust an markeninternem Wettbewerb zur Folge, da preiswerte Angebote über das Internet, in Baumärkten und Discountern zugunsten des Fachhandwerks erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. Damit überschreitet die derzeitige vertragliche Regelung in jedem Fall die auch nach neuester europarechtlicher Verwaltungspraxis nur in engen Grenzen zulässige Beschränkung des Internethandels. Somit liegt ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bzw. § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vor.
Laut Aussage von Dornbracht sei es wichtig, um die Stellung als Premiumanbieter zu halten und auszubauen, dass dem Endkunden ein der Marke Dornbracht und den Produkten angemessener Service angeboten werde. Dies umfasse nicht nur die im Handlungsspielraum von Dornbracht liegenden möglichen Maßnahmen, sondern auch die der nachgelagerten Vertriebsstufen. Das Konzept der Fachhandelsvereinbarung ziele darauf, den Händlern, die im Sinne der Marke Dornbracht Kosten auf sich nehmen, eine Kompensation zu leisten. Diese Kompensation solle dem Risiko entgegenwirken, dass Händler allein aus Kostengründen dazu übergehen, Dornbracht-Produkte in einer der Marke abträglichen Weise zu vertreiben.
Der Weg, den Dornbracht wählte, um dieses Ziel zu erreichen, führte jedoch zumindest zu einem Doppelpreissystem, da Ware, die im Internet verkauft werden sollte, durch Nicht-
3
Gewährung des Rabatts teurer abgegeben wurde als Ware, die stationäre verkauft werden sollte. Dies ist jedoch nach den Leitlinien der Europäischen Kommission für vertikale Beschränkungen kartellrechtswidrig. So heißt es in Randziffer 52 der Leitlinien, dass bestimmte Beschränkungen über die Nutzung des Internets als (Weiter-) Verkaufsbeschränkungen behandelt werden. Prinzipiell müsse es jedem Händler erlaubt sein, das Internet für den Verkauf von Produkten zu nutzen. Das Aufrufen der Website eines Händlers und die Kontaktaufnahme mit diesem durch einen Kunden, aus der sich der Verkauf einschließlich Bereitstellung eines Produkts ergibt, gelten als passiver Verkauf und können grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Schließlich sei es auch als Kernbeschränkung anzusehen, wenn vereinbart wird, dass der Händler für Produkte, die er online weiterverkaufen will, einen höheren Preis zahlt als für Produkte, die offline verkauft werden sollen. Dies schließe nicht aus, dass der Anbieter mit dem Abnehmer eine feste Gebühr vereinbart (d.h. keine variable Gebühr, die mit erzieltem Offline-Umsatz steigen würde, da dies indirekt zu einem Doppelpreissystem führen würde), um dessen Offline- oder Online-Verkaufsanstrengungen zu unterstützen. Das von Dornbracht praktizierte Rabattsystem im Rahmen der Fachhandelsvereinbarung ist somit eine Kernbeschränkung im Sinne der europäischen Regelungen. Dementsprechend scheidet eine Freistellung im Rahmen der Verordnung Nr. 330/2010 der Kommission über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des AEUV auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (Vertikal-GVO) aus.
Ein Doppelpreissystem ist nicht zuletzt deshalb wettbewerblich problematisch, weil es für eine Überprüfung voraussetzt, dass der Händler offenlegt, an wen er in welchem Umfang über welchen Vertriebsweg verkauft hat. Derartige sensible, unternehmensinterne Daten stellen jedoch Geschäftsgeheimnisse dar, die im Sinne des Wettbewerbs geschützt werden müssen. Auch im vorliegenden Fall liegen dem Bundeskartellamt Hinweise darauf vor, dass Großhändler aufgefordert wurden, ihre Umsätze mit Dornbracht-Produkten offen zu legen, wenn Zweifel an der Erfüllung der Kriterien der Fachhandelsvereinbarung aufkamen.
Nachdem das Bundeskartellamt dem Unternehmen Dornbracht die kartellrechtlichen Bedenken mitgeteilt hat, räumte Dornbracht ein, die umstrittenen Klauseln aus den Verträgen zu streichen. Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt.
Das Bundeskartellamt erwartet, dass auch andere Hersteller, die ähnliche Verträge abschließen, ihre Regelungen anpassen. Sollte sich der erwünschte Erfolg nicht einstellen, nämlich eine kartellrechtskonforme Belieferung aller Vertriebswege zu erreichen, behält sich das Bundeskartellamt vor, weitere Verfahren in diesem Bereich zu führen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen